Holding out for a Hero

Ein paar Steroide hier, eine komplett neue Botox-Visage da – schon sind Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger wieder fit für die aktuellen Fortsetzungen der Kult-Filme Terminator und Rambo. Parallelen zum Etikettenschwindel an der Fleischwursttheke mögen aufkommen, wenn die alteingesessenen Muskel-Mimen wieder schwer bewaffnet über die Leinwand flitzen und massakrieren, was bei drei nicht auf den Bäumen sitzt. Ebenso gammelig wie das menschgewordene Formfleisch ist allerdings auch das Klischee des muskelbepackten Heroen, der die Jungfrau in Nöten errettet. Wie sehen dagegen aber zeitgemäße männliche Filmhelden in einer Ära aus, die von toxischer Maskulinität, Genderfluidität und Mut zum Dadbod geprägt sind?

Zugegeben, Abweichungen von der „Norm“ gab es auch schon in Zeiten, zu denen sich das Stereotyp des muskelmassigen Helden etablierte. Die Star Wars-Saga war hier insbesondere federführend und präsentierte schon in den späten Siebzigern männliche Protagonisten, die erst noch in die Schuhe des Filmhelden wachsen mussten. Selbst nicht frei von Fehlern und gezeichnet von emotionsgeladenen Backstories, scheuten sie sich auch nicht davor, Gefühle zu zeigen. Ein Maßstab, der auch heute definitiv noch von Relevanz ist und zunehmend wieder an Bedeutung gewinnt.

Ein positives Beispiel hierfür wären zum Beispiel die Superhelden der Marvel-Reihe. Während Thor beispielsweise in seinem Debüt-Film 2011 noch alle draufgängerischen Prollo-Vorurteile bediente, sah es bei seinem letzten Auftritt in Endgame schon etwas anders aus: Vom Verlust seines Bruders und seiner Heimat schwer traumatisiert, lässt er sich gehen, gerät gänzlich aus der Form und verliert sämtlichen Hang zum Heldentum. Ein Umdenken hat stattgefunden, hin zur realitätsgetreuen Darstellung eines gebrochenen Mannes, dem die glänzende Rüstung des Retters in der Not (buchstäblich) nicht mehr passt. 

Ähnliche Motive zeigte auch der letzte Film der Star Wars-Saga. Während wir Luke Skywalkers Aufstieg hin zum (schon tendenziell etwas softeren) Helden in der klassischen Trilogie mit verfolgten, sah nun alles nicht mehr so rosig aus: Ebenfalls durch Verluste traumatisiert hatte sich Luke ins Exil begeben und damit den Aufstieg des Bösen zumindest passiv begünstigt. Von der jungen Generation ans Cyborg-Händchen genommen, kehrt er letztlich aber doch aus der galaktischen Rente zurück und stellt sich dem Imperium. Das jedoch nicht als hochstilisierte und wild mordende Ein-Mann-Armee, sondern mit Köpfchen und List.

Zu guter Letzt ein etwas polarisierender Kandidat: der Joker. Sicherlich ist der Joker kein Held im klassischen Sinne und erst recht kein Vorbild. Ein interessantes Beispiel des aktuellen Trends ist er aber allenfalls. Als Ewig-Geächteter in einer sozial gespaltenen Stadt sucht er letztlich nur nach Anschluss. Mit jeder Anfeindung entfernt er sich zusehends von der Gesellschaft, bis er schließlich manifestiert, als was sie ihn sieht: einem Clown und einem Monster.

Wie sieht also zusammenfassend das Bild eines zeitgemäßen Filmhelden aus?

Während sich antiquierte Helden Monstern in verschiedensten Formen stellten, kämpft der Held von heute einen erbitterten Kampf gegen seine inneren Dämonen; das macht ihn authentisch, das macht ihn relatable. Wo damals ziellos um sich geballert wurde, ist heute Schläue und rationales Denken gefragt. Er ist in der Lage, seine Gefühle zu zeigen und mit seinen Mitmenschen zu kommunizieren, anstatt zu blinder Gewalt zu greifen. Er ist –schlichtweg– ein Mensch, dessen Komplexität über das Volumen seines Bizeps‘ hinausgeht. Und seien wir ehrlich: Wer außer Brigitte Nielsen will schon einen John Rambo in seinem Umfeld?